Tri-Radiale Segel sind eine gute Wahl für ambitionierte Fahrten segelr und Blauwasser-Segler.
Ich weiß, ich weiß, Du willst nur ein gutes, langlebiges, zuverlässiges Fahrtensegel, und es soll nicht wer-weiß-wie-viel kosten. Es ist egal, wenn Du zwei Zehntel Knoten schneller am Wind segelst. Nach dem Motto: „Ich fahre schon unseren ganzen Hausstand mit mir rum, da ist es doch egal, wie schnell ich bin! Ich brauche das ganze Rennzeugs nicht. Performance ist für mich kein entscheidendes Argument.“ Oder ist es das doch, zumindest in einem gewissen Rahmen?
Ich möchte behaupten, dass das so ist. Es ist nur so, dass die Definition von Performance für Fahrtensegler eine andere ist. Es geht nicht um reine Bootsgeschwindigkeit (obwohl das keine schlechte Sache ist), aber es geht um die Kontrolle von Krängung und Ruderdruck. Es geht auch um die Bedienbarkeit und Zuverlässigkeit der Systeme, auf die Du Dich verlässt, um das Segeln zu erleichtern – und die Segelei mit einem ziemlich großen Boot mit ziemlich kleiner Crew erst möglich machen. Damit meine ich zum Beispiel das Rollreffsystem für Vorsegel oder Großsegel. Es geht auch darum, mit wenigen Segeln einen weiten Windbereich abzudecken. Und es geht darum, dass Dein Autopilot besser funktioniert. Tatsache ist, dass die Anforderungen für ein gutes Fahrtensegel noch höher und anspruchsvoller sind als an ein Regatta-Segel, bei dem der Fokus klar definiert ist und allein „Boatspeed“ gefordert ist.
Oh, und versuche nicht, Dich selbst zu belügen wenn Du sagst, dass es Dir nichts ausmacht, immer erst nach Deinem Kumpel im Hafen zu sein. Zwei Boote, die in eine Richtung fahren, sind automatisch eine Regatta!
Festigkeit zählt
Der Schlüssel zum Bau besserer Segels, egal ob zum Cruisen oder Racen, liegt in der Minimierung der Dehnung. Sieh es so: Wenn Dein Segeltuch sich dehnt und das Segelprofil in jeder Bö voller wird, passieren alle möglichen unerwünschten Dinge.
Zuerst krängt das Boot mehr als es sollte oder Deine Crew es angenehm findet. Das Boot ist deshalb schwer zu kontrollieren. Die Balance ist weg und der Ruderdruck steigt, so dass Du an der Pinne reißen musst. Als nächstes kämpfst Du viel zu früh mit dem Reff. Deine bessere Hälfte, der Du die Freuden des Segelns vermitteln möchtest, teilt Dir mit Blicken und Worten mit, dass ihr das nicht besonders viel Spaß macht.
Tiefe Segel, die ungenügend twisten, sind eine besondere Gefahr, wenn Dein Zielhafen zufällig in Luv liegt. Gealterte oder dehnungsfreudige Segel beeinträchtigen die Fähigkeit hoch am Wind zu segeln stark. Darüber hinaus bringen die meisten Fahrtenyachten zwecks Steigerung von Komfort und Benutzerfreundlichkeit bereits erhebliche Nachteile für die Amwind-Leistung mit: Der Tiefgang ist begrenzt, die Verdrängung groß, der Schwerpunkt liegt weit oben. Der Windwiderstand ist deutlich größer als es gut wäre. Infolgedessen sind die Wendewinkel entsprechend groß. Hinzu kommt, dass egal was in den Broschüren steht, der Weg nach Hause immer hoch am Wind zu liegen scheint. Warum es dann mit ineffizienten Segeln noch schwieriger machen?
Dehnung ist eine Funktion der Belastung. Je größer das Boot, desto größer die Kräfte und desto schwieriger wird es, flache, saubere Segelprofile beizubehalten. Es gibt heute nur noch sehr wenige Segel für Yachten über 70 Fuß aus gewebten Segeltuchen. Das hat seine Gründe. Die auftretenden Kräfte machen Laminat-Segel zur einzig sinnvollen Option. Das Gewicht der Segel ist auch ein Problem, wenn das Schiff größer wird. Teilweise wird viel Geld für Carbon-Masten und Hightech-Rigging ausgegeben, um Tiefgang und Kielgewicht zu reduzieren. Gleiches Augenmerk sollte auf die Qualität der Segel gelegt werden. Composit- oder Laminat-Segel haben einen großen Einfluss auf diese Gleichung. Nicht nur bei größeren Yachten.
Sogar auf kleinen bis mittelgroßen Kreuzern steigen die Lasten an. Ein großer Prozentsatz aller neuen Fahrtenschiffe sind Mehrrumpfboote. Ihre dramatisch größere Breite erzeugt ein viel höheres aufrichtendes Moment, das wiederum größere Kräfte an Rigg und Segeln nach sich zieht. Selbst Cruising-Kats fahren heute mit riesig ausgestellten Großsegeln und Squaretop-Großsegeln mit enormen Kopfbreiten. Die speziellen Kräfte in diesen Segeln sind mit herkömmlichen gewebten Materialien kaum vernünftig zu beherrschen. Und auch die Rümpfe moderner Fahrtenyachten werden immer breiter. Sehen Sie sich bei der nächsten Bootsausstellung um: Die neueste Generation der Einrumpfboote wehrt sich gegen die Multihull-Konkurrenz, indem sie immer breiter und voluminöser wird. Damit wächst auch hier das aufrichtende Moment.
Eine weitere Herausforderung sind Rollreffsysteme für Groß- und Vorsegel. Es gibt kaum ein Fahrtenschiff, das nicht zumindest ein Rollsystem für das Vorsegel verwendet. Ein Segel für alles. Ein Segel, um bei Leichtwind groß und kraftvoll zu sein, bei schwerem Wetter aber flach und klein. Nirgendwo gibt es ein besseres Argument für den Vorteil von geringerer Dehnung als dieses. Oh, und dann sind da noch die Inmast-Rollgroßsegel. Wohl fast jeder hatte schon mal ein Problem als das Segel sich weder ein- noch ausrollen ließ. Die Ursache war wahrscheinlich Dehnung. Im Mast müssen Segel flach und glatt bleiben oder man bekommt beim kleinsten Bedienungsfehler ein Problem. Mit Rollbaum-Systemen verhält es sich ähnlich. Hier kommt es auf präzise Hals- und Lattenwinkel an. Wenn das Segeltuch sich aber dehnt und diese Winkel sich infolgedessen ändern, kann auch das beste Rollbaum-System nicht vernünftig funktionieren.
Denke zum Schluss noch an Kraftaufwand. Wenn Du an der Reffleine ziehst und das Segel sich dehnt, ist ein Großteil Deiner Anstrengung verschwendet. Das Segel muss aufhören zu dehnen bevor sich etwas bewegt. Alles funktioniert leichter und besser mit weniger Dehnung. Das gilt auch für Fallen, Schoten und Strecker. Unterm Strich ist die Funktion aller Rollsysteme durch Dehnung zumindest beeinträchtigt.
Die Antwort
Mehr Sicherheit, Komfort und Performance gibt es also vor allem durch das Reduzieren von unerwünschter Dehnung. Wie schaffen wir das? Die Antwort sind Laminat-Segel!
Alle Laminat-Segel verfügen über ähnliche Merkmale. Anstatt dünne Fasern zu verweben, werden relativ dicke, gestreckt eingelegte Faserbündel verarbeitet. Dickere Fasern sind dehnungsfester, und da sie nicht gewebt sind, gibt es keinen „Crimp“ oder auf Deutsch keine „Einarbeitung“. Einarbeitung ist eine Art konstruktive Dehnung, die in Geweben eingebaut ist, da sich Fasern viele hundert Male kreuzen. Das ermöglicht unerwünschte Längung. In Laminattuchen sind Fasern aller Art also gestreckt eingelegt. Die der Faser eigene Dehnungsfestigkeit steht deshalb unmittelbar zur Verfügung.
Um dieses Fasernetzwerk zu schützen, wird klassisches gewebtes Polyestermaterial (im Handel als „Taft“ oder „Taffeta“ bezeichnet) als Außenhaut verwendet. Diese leichten Außenschichten schützen vor Scheuern, Verschleiß und UV-Strahlung. In der Regel werden auch ein oder zwei Schichten Polyesterfolie („Mylar“) eingelegt. Die Folie ist in allen Richtungen gleich stark, so dass sie die Kräfte abseits der Hauptlastrichtungen aufnehmen kann.
Laminat-Tuche werden in zwei verschiedenen Konstruktionen verwendet. Die erste verwendet vorgefertigte Gewebe, die vom klassischen Tuchhersteller auf Rolle geliefert werden. Vorgefertigte Rollen aus Laminat-Tuch können in Dreiecke und Rechtecke zerschnitten und wie ein Puzzle zusammengefügt werden um die Kraftverläufe im Segel nachzuahmen. Da die Hauptlasten an den drei Ecken des Segels beginnen und enden, ist das klassische Tri-Radial-Layout das Ergebnis. Tuche für Tri-Radial-Segel sind so konstruiert, dass die größten Kräfte von der langen Kettrichtung einer Bahn aufgenommen werden. Anders als bei gewebten Tuchen, bei denen die kurze Schußrichtung des Tuches die geringste Dehnung aufweist. Tri-Radiale Cruising-Segel gibt es seit Mitte der achtziger Jahre. Sie sind beileibe keine neue Technologie mehr, sondern tausendfach bewährt.
Fusion MC6000-Membransegel auf einer 41 ft-Yacht
Der zweite und modernere Ansatz besteht darin, das gesamte Segel aus Komponenten herzustellen, also aus einem „Bausatz“ aus Fasern und Oberflächen. Sie werden allgemein als „Membransegel“ bezeichnet. Quantums Fusion M, North´s 3DL und 3Di, Doyle’s Stratis sind Beispiele für diesen Ansatz. Fasern jeglicher Art und Größe können in jeder sinnvollen Richtung verlegt werden. Zusätzliche Fasern können für Reffs und andere sekundäre Verstärkungen eingebettet werden oder um Lasten anzunehmen, die im teilweise gerefften Zustand auftreten. Am Anfang dieses Prozesses stehen moderne Computertechniken wie FEA (Finite-Elemente-Analyse) mit der berechnet wird, wie die Fasern intelligent platziert werden müssen. Diese Computersysteme können tatsächlich Belastung und Verformung (Dehnung) vorhersagen, und so sicher stellen, dass ausreichende Fasermengen mit der richtigen Orientierung vorhanden sind. Die Komponenten werden dann in speziellen Anlagen laminiert um das fertige Produkt herzustellen. Die Membrankonstruktion erzeugt ein harmonisches, sauberes Segelprofil mit minimaler Dehnung für den gewählten Fasertyp.
Eine wichtige Variable bei Membransegeln ist der Fasertyp. Polyester (oft mit dem Handelsnamen „Dacron“ bezeichnet) ist die am häufigsten verwendete Faser für Fahrtensegel. Es ist langlebig, lässt sich ohne nennenswerten Festigkeitsverlust oft knicken und hat eine gute UV-Beständigkeit. Es wird immer noch für die Oberflächen fast aller Cruising-Membransegel verwendet. Polyester kann auch in Form von dicken Faserbündeln im Inneren als primäres Fasernetzwerk verwendet werden. Die nächste naheliegende Verbesserung besteht darin, Polyester durch eine Faser mit höherem E-Modul (Maß für die Dehnfestigkeit) zu ersetzen. Es gibt eine Reihe von Optionen mit höherem E-Modul: Aramide, wie Technora und Twaron, bieten vier- bis sechsfache Dehnungsfestigkeit im Vergleich zu Polyester. Carbon, Vectran und Dyneema bieten noch höhere Leistung. Darüber hinaus können all diese in verschiedenen Mischungen kombiniert werden. Dabei hat jede Faser spezifische Stärken und Schwächen.
Langlebigkeit
Natürlich lautet die nächste Frage: „Wie lange hält das Ganze?“. Tatsächlich sind das zwei Fragen. Erstens: Wie lange bleibt das Segel als Dreieck erhalten und einsatzfähig? Das bezeichnen Segelmacher als „Service-Life“. Nahezu alle Segel aus modernem Kunststoff werden 3500 bis 4000 Stunden im Einsatz bleiben. Die Menge an UV-Strahlung und das Killen und Flattern sind die limitierenden Faktoren. Dies kann 10 Jahre für den durchschnittlichen Segler in mittleren und nördlichen Breiten sein, im Mittelmeer oder der Karibik vielleicht nur vier oder fünf. Wenn Sie um die Welt segeln, werden Ihre Segel auf Grund der Dauerbeanspruchung anschließend hinüber sein, eventuell sogar früher.
Der wahre Unterschied ist das, was Segelmacher als „Performance Life“ bezeichnen. Wie lange behält das Segel die flache, aerodynamisch effiziente Form, die es im Neuzustand hatte? Jedes Segel verschlechtert sich von dem Moment an, an dem es zum ersten Mal gesetzt wird. Der Vorteil der Laminat- und Membran-Segel ist, dass sie mit einer viel besseren Widerstandsfähigkeit gegen Dehnung beginnen (40% bis 500% – je nach Faser!). Aber es gibt noch eine andere tolle Sache: Der Leistungsverlust verläuft viel langsamer als bei einfachen, gewebten Segeln! Schauen Sie sich ein gut gemachtes Laminat-Segel an, das vier oder fünf Jahre alt ist: Die Form kann fast so gut sein wie neu. Bis zu dem Punkt am Ende seines Service-Lifes, an dem das Segel durch zu viel Sonne und Missbrauch versagt, hat ein Laminat-Segel in der Regel ein wirklich gutes Segelprofil. Das kann man von konventionell gewebten Segeln nicht behaupten. Sie werden „sackig“, tief, rund, twisten nicht mehr und haben Dehnungsfalten lange bevor sie als Dreieck versagen.
Also, was kaufen Sie, wenn Sie mehr für gute Fahrtensegel bezahlen? Von Anfang an ein besseres Segelprofil, und auf lange Sicht sogar ein viel besseres Profil. Sie bekommen mehr Bootsgeschwindigkeit, mehr Komfort, reduzierte Krängung und einfacheres Handling. Ist das die höhere Investition wert? Die Entscheidung liegt bei Ihnen.